Umweltverträglichkeitsprüfung/ Strategische Umweltprüfung

Foto einer Fußgängerbrücke über eine Stadtautobahn

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Strategische Umweltprüfung (SUP) ermitteln und bewerten die Auswirkungen von Vorhaben, Plänen und Programmen auf die Umwelt. Dazu gehören auch die Auswirkungen auf den Menschen und insbesondere seine Gesundheit. Es müssen alle zu erwartenden erheblichen Umweltfolgen beschrieben werden, die sich nachteilig auf die menschliche Gesundheit auswirken können –beispielsweise Lärmimmissionen, Luftverunreinigungen, kleinklimatische Veränderungen oder Beeinträchtigungen von Erholungsflächen. Auch soziale und sozialräumliche Aspekte sind in den Blick zu nehmen. Ebenso müssen die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Umweltauswirkungen ermittelt werden. Dies bietet die Chance, die gesundheitsrelevanten Auswirkungen auch summarisch und bilanzierend zu betrachten, was insbesondere für die Beurteilung von Umweltgerechtigkeit wichtig ist. Schließlich sind Maßnahmen zu benennen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden können.

    Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die Strategische Umweltprüfung (SUP) sind systematische Prüfungsverfahren, mit denen die Auswirkungen bestimmter Vorhaben bzw. bestimmter Pläne und Programme auf die Umwelt im Vorfeld der Entscheidung ermittelt, beschrieben und bewertet werden (Landmann/Rohmer 2012: § 1 UVPG Rn. 4–9). Im Bereich der Bauleitplanung und bei Raumordnungsplänen wird anstelle des Begriffs der SUP der Begriff Umweltprüfung verwendet, da das Prüfverfahren hier neben der Funktion der SUP auch die Funktion einer UVP haben kann (Schink 2005). UVP und SUP sind unselbständiger Teil der verwaltungsbehördlichen Verfahren. Dies sind bei der UVP Planfeststellungsverfahren oder Genehmigungsverfahren sowie bei der SUP die jeweiligen Planungsverfahren. Beide Instrumente bezwecken, dass die Ergebnisse der durchgeführten Umweltprüfungen bei allen behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben sowie bei der Aufstellung oder Änderung von Plänen und Programmen so früh wie möglich berücksichtigt werden.

    UVP und SUP umfassen die Ermittlung, Bewertung und Beschreibung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf

    • Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
    • Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
    • Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
    • die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern (§ 2 Abs. 1 und Abs. 4 UVPG).

    Bei der UVP hat der Träger des Vorhabens die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens der zuständigen Behörde zu Beginn des Verfahrens vorzulegen, in dem die Umweltverträglichkeit geprüft wird. Die Unterlagen müssen nach den Bestimmungen des UVPG unter anderem enthalten:

    • Beschreibungen zu den zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden [Art und Umfang der zu erwartenden Immissionen, der Abfälle, des Anfalls von Abwasser, der Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft],
    • Angaben zu sonstigen Folgen des Vorhabens, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen können, sowie
    • Angaben zu den Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens vermieden, vermindert oder, soweit möglich, ausgeglichen werden, sowie der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft (§ 6 Abs. 3 UVPG).

    Bei der SUP sind im Wesentlichen entsprechende Angaben in einem Umweltbericht auszuführen. Dieser Umweltbericht muss als abgeschlossener Bericht erkennbar sein. Dies gilt auch für den Umweltbericht

    bei Bauleitplänen. Zwar kann der Umweltbericht in die Begründung der Bauleitpläne integriert werden. Er muss jedoch als gesonderter Teil der Begründung ausgewiesen sein (§ 2a Satz 3 Baugesetzbuch). Ziel dieser gesonderten Darstellung ist es, die für die Bewertung der Umweltauswirkungen relevanten Informationen möglichst transparent und nachvollziehbar zu machen, um auf diese Weise den Entscheidungsprozess zu qualifizieren und sicherzustellen, dass bei der Entscheidung relevante Umweltaspekte nicht übersehen werden.

    Bei der UVP bewertet die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung des Vorhabenträgers nach § 11 UVPG (Umweltverträglichkeitsstudie) und berücksichtigt diese Bewertung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze. Auf diese Weise werden die Umweltauswirkungen in transparenter Weise in den Entscheidungsprozess über das Vorhaben eingebracht. Eine Bindungswirkung geht hiervon allerdings nicht aus. Soweit bei der Entscheidung eine Abwägung stattfindet oder Ermessen ausgeübt werden muss, sind die Ergebnisse der Umweltprüfung zu berücksichtigen. Muss ein Vorhaben bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ohne Abwägung oder Ermessensspielraum zugelassen werden, entfaltet das Ergebnis der UVP keine rechtliche Wirkung, sondern dient praktisch primär der Schaffung von Transparenz.

    Bei der SUP sind die im Umweltbericht dokumentierten Ergebnisse der Umweltprüfung bei der Entscheidung über den Plan durch den Planungsträger zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der SUP sind damit Abwägungsmaterial. Eine Bindungswirkung geht von ihnen nur dann aus, wenn sich erweist, dass die zu erwartenden Umweltauswirkungen des Plans gegen bindende Rechtsvorschriften verstoßen (z.B. wenn artenschutzrechtliche Verbote tangiert sind).

    Weder UVP noch SUP begründen damit eine zusätzliche materiell-rechtliche Hürde. Sie wirken sich lediglich als formale Anforderung auf das Verfahren aus und können dazu beitragen, dass der Planungsprozess in Bezug auf die Auswirkungen des Plans bzw. des Vorhabens auf die Umwelt transparent erfolgt.

    Für welche Vorhaben eine UVP durchzuführen ist, bestimmt sich nach der Anlage 1 des UVP-Gesetzes. Dabei wird in Abhängigkeit von der Größe des jeweiligen Vorhabens anhand von Schwellenwerten differenziert zwischen Vorhaben, die generell einer UVP zu unterziehen sind, und solchen, bei denen zunächst im Rahmen einer allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung überschlägig zu prüfen ist, ob eine UVP durchzuführen ist. Welche Pläne einer SUP unterliegen, ergibt sich aus Anlage 3 des UVPG. Erfasst sind alle Vorhaben und Planungen, von denen typischerweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind. So unterliegen selbst Zwecken des Umweltschutzes dienende Planungen wie etwa die Lärmminderungs-, die Luftreinhalte- oder die Landschaftsplanung der Pflicht zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung, da auch diese Pläne Maßnahmen festlegen können, die sich erheblich auf die Umwelt auswirken können.

    Potenziale für Umweltgerechtigkeit

    Die Umweltverträglichkeitsprüfung bezieht sich auf die Umwelt insgesamt. Die einzelnen Umweltaspekte werden ermittelt, bewertet und beschrieben. In der Terminologie des UVPG hat dies differenziert nach Schutzgütern zu erfolgen, wobei auch die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Schutzgütern in Betracht zu ziehen sind. Zu diesen Schutzgütern gehört ausdrücklich auch der Mensch, einschließlich der menschlichen Gesundheit.

    Das Schutzgut „Mensch und seine Gesundheit“ umfasst im Rahmen von UVP und SUP sämtliche Faktoren der Umwelt, die sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der innerhalb des Wirkungsbereichs des Vorhabens oder des Plans arbeitenden und wohnenden Menschen auswirken können. Hierzu zählen insbesondere

    der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG, d.h. vor allem Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen,

    • der Schutz vor von Bodenverunreinigungen ausgehenden Gefahren,
    • die durch den Bauleitplan erwarteten klimatischen Veränderungen, soweit sie sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen innerhalb des Plangebiets oder seines Wirkungsbereichs auswirken,
    • Beeinträchtigungen bestehender und geplanter Erholungsmöglichkeiten innerhalb des Plangebiets oder seines Wirkungsbereichs (Bunzel 2005).

    UVP und SUP ermöglichen damit eine gesonderte Betrachtung aller gesundheitsrelevanten Umweltauswirkungen. Die Notwendigkeit, auch die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Umweltauswirkungen zu ermitteln, zu bewerten und zu beschreiben, kann dazu genutzt werden, die gesundheitsrelevanten Auswirkungen nicht nur in Einzelaspekten, sondern auch in einer summarischen, bilanzierenden Betrachtung – wie sie auch für die Beurteilung der Umweltgerechtigkeit erforderlich ist – zu erfassen. Da die Auswirkungen auf die Menschen ausdrücklich nicht zum Gegenstand der Umweltprüfungen zählen, sind auch soziale und sozialräumliche Aspekte in den Blick zu nehmen, soweit dies zur Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens oder der Planung erforderlich ist. UVP und SUP sind damit das zentrale Instrument zur Erfassung und Bewertung dieser gesundheitsrelevanten Umweltauswirkungen und damit auch für die Beurteilung in Bezug auf die Umweltgerechtigkeit. Dies gilt allerdings nur bei neuen Vorhaben und bei neuen Planungen bzw. Programmen. Bei diesen können auf der Grundlage der UVP bzw. der SUP Fehlentwicklungen in Bezug auf die für die für Umweltgerechtigkeit maßgebenden Aspekte erkannt und Maßnahmen zu deren Vermeidung ergriffen werden.

    UVP und SUP sind unter Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden durchzuführen. Ihre Durchführung bietet damit auch die Chance, andere Akteure auf die gesundheitsrelevanten Umweltaspekte aufmerksam zu machen und Anstoß zu geben, auch mit anderen, außerhalb des jeweiligen Verfahrens liegenden Mitteln zu einer Verbesserung der Umweltsituation beizutragen.

    Bei der SUP kann ein weiteres Element dieses Instrumentes für die Umweltgerechtigkeit genutzt werden. Das Gesetz verlangt in Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben die Durchführung einer Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen, die sich aus der Durchführung des Plans oder Programms ergeben, um insbesondere frühzeitig unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen zu ermitteln und geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen zu können (§ 14m UVPG; § 4c Baugesetzbuch).

    Ergänzende Instrumente und Synergien mit anderen Instrumenten

    UVP und SUP stellen wichtige Ergänzungen zu den fachgesetzlichen Zulassungs- und Planungsverfahren dar. Sie bilden die Grundlage für die Bewertung der Umweltauswirkungen in diesen Verfahren und sind damit fundamentaler Bestandteil einer dem Umwelt- und Gesundheitsschutz dienenden Instrumentierung für mehr Umweltgerechtigkeit. Ihre Funktion ist jedoch beschränkt auf neue Entwicklungen. Ziel ist nicht die Verbesserung der vorgefundenen Umweltsituation, sondern die Ermittlung und Bewertung der von den geplanten Veränderungen voraussichtlich zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen.

    Eine wichtige Ergänzung können UVP und SUP durch eine Gesundheitsfolgenabschätzung erfahren. Ein solches freiwilliges Prüfverfahren kann sich speziell auf die gesundheitsrelevanten Aspekte konzentrieren und diese deshalb zuverlässiger zur Geltung bringen. Formal kann eine Gesundheitsfolgenabschätzung eigenständig und vorlaufend bzw. parallel zur UVP bzw. SUP erfolgen. Sie kann aber auch in diese Verfahren integriert werden. Der unzureichenden Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte in der Praxis der Umweltprüfungen kann auf diese Weise begegnet werden.

    Literatur

    Umweltrecht

    Landmann, Robert von, Gustav Rohmer (2012): Umweltrecht, 66. Ergänzungslieferung, Stand 2012.

    Umweltprüfung für Pläne und Programme

    Schink, Alexander (2005): Umweltprüfung für Pläne und Programme, in: Gesellschaft für Umweltrecht e.V. (Hrsg.): Dokumentation zur 28. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V. Leipzig 2004, S. 93 ff.

    Fussnote

    Quelle: Redaktionell überarbeiteter Auszug aus: Christa Böhme und Arno Bunzel: Umweltgerechtigkeit im städtischen Raum. Expertise „Instrumente zur Erhaltung und Schaffung von Umweltgerechtigkeit“. Difu-Sonderveröffentlichung. Berlin 2014 (S. 12-16) https://difu.de/9304.