Die Städtebauförderung finanziert besondere städtebauliche Aufgaben wie die Stabilisierung und Aufwertung von benachteiligten Quartieren (Sozialer Zusammenhalt) oder die Verbesserung des städtischen Grüns alle Programme der Städtebauförderung). Insbesondere das Programm "Sozialer Zusammenhalt" kann dazu beitragen, gesundheitsrelevante Umweltbedingungen zu verbessern. Die Mittel dieses Programms können ausdrücklich dafür eingesetzt werden, die Umweltgerechtigkeit zu verbessern. Darüber hinaus weisen auch die Städtebauförderungsprogramme „Wachstum und nachhaltige Erneuerung – Lebenswerte Quartiere gestalten“ sowie „Lebendige Zentren – Erhalt und Entwicklung der Stadt- und Ortskerne“ Potenziale für Umweltgerechtigkeit auf.
Förderprogramme sollen Anreize für das den Zielen des Fördergebers entsprechendes Handeln anderer Akteure geben. Sie können für jedes in der Zuständigkeit des Fördergebers liegende Handlungsfeld eingesetzt werden und dabei die unterschiedlichsten Ziele verfolgen. Dies gilt auch für die Städtebauförderung, die der Finanzierung von besonderen städtebaulichen Aufgaben dient. Grundlage der Städtebauförderung ist eine jährlich neu aufgelegte Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern (§ 164b Abs. 1 Satz 2 BauGB). In der Verwaltungsvereinbarung werden die Förderquoten, der Schlüssel zur Verteilung auf die einzelnen Länder und die geförderten Maßnahmen festgelegt. Der Bund beteiligt sich an der Finanzierung der Maßnahmen grundsätzlich mit 33 1/3 v. H. der förderfähigen Kosten bei in der Regel gleich hohem Förderanteil der Länder. Mit Stand 2021 standen folgende Förderprogramme zur Verfügung (VV-Städtebauförderung 2021):
- Sozialer Zusammenhalt – Zusammenleben im Quartier gemeinsam gestalten (200 Millionen Euro),
- Wachstum und nachhaltige Erneuerung – Lebenswerte Quartiere gestalten (290 Millionen Euro),
- Lebendige Zentren – Erhalt und Entwicklung der Stadt- und Ortskerne (300 Millionen Euro).
Die Umsetzung der Förderung - einschließlich der Auswahl der zu fördernden städtebaulichen Maßnahmen - erfolgt durch die Länder (d.h. durch die zuständigen Landesministerien bzw. Regierungspräsidien). Dort können Städte und Gemeinden auch den Antrag auf Förderung stellen. Fördervoraussetzung ist bei allen Städtebauförderprogrammen ein unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erstelltes integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept, in dem Ziele und Maßnahmen im Fördergebiet dargestellt sind.
Insbesondere das Programme „Sozialer Zusammenhalt“ weist erhebliche Potentiale zur Verbesserung der gesundheitsrelevanten Umweltbedingungen auf.
Das Programm „Sozialer Zusammenhalt“ wird für Investitionen in städtebauliche Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung von Stadt- und Ortsteilen eingesetzt, die auf Grund der Zusammensetzung und wirtschaftlichen Situation der darin lebenden und arbeitenden Menschen erheblich benachteiligt sind (vgl. § 171 e BauGB). „Damit soll ein Beitrag zur Erhöhung der Wohn- und Lebensqualität und Nutzungsvielfalt, zur Verbesserung der Generationengerechtigkeit in den Quartieren, zur Integration aller Bevölkerungsgruppen und zur Stärkung des Zusammenhalts in der Nachbarschaft geleistet werden“ (VV-Städtebauförderung 2021: Art. 7 Abs. 1 S. 2).
Die Fördermittel können u.a. eingesetzt werden für Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltgerechtigkeit (VV-Städtebauförderung 2021: Art. 7 Abs. 3). Das Programm Soziale Stadt zielt damit explizit auf die Schaffung von mehr Umweltgerechtigkeit. Es kann in erheblichem Maße zur Verbesserung der gesundheitsrelevanten Umweltbedingungen beitragen, in dem gezielt in sozial benachteiligten Gebieten bestehende Umweltbelastungen reduziert und durch freiraumbezogene Maßnahmen die Umweltbedingungen verbessert werden. Dieses Potential belegen auch zahlreiche gute Praxisbeispiele, die im Rahmen des Forschungsprojektes „Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt“ recherchiert und aufbereitet wurden (BMUB 2016).
Aber auch die Programme „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ und „Lebendige Zentren" weisen Potenziale mit Blick auf Umweltgerechtigkeit auf. Die Förderung des Programms „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ soll in Gebieten genutzt werden, die von erheblichen städtebaulichen Funktionsverlusten und Strukturveränderungen betroffen sind. Die Gemeinden sollen in die Lage versetzt werden, sich frühzeitig auf Strukturveränderungen vor allem mit Blick auf den wirtschaftlichen und demographischen Wandel und auf die damit verbundenen städtebaulichen Auswirkungen einzustellen. Ziel ist Wachstum und nachhaltige Erneuerung dieser Gebiete zu lebenswerten Quartieren zu befördern (VV-Städtebauförderung 2021: Art. 8 Abs. 1). Gefördert werden können insbesondere (VV-Städtebauförderung 2021: Art. 4 und 8 Abs. 3).
- die Verbesserung des öffentlichen Raums, des Wohnumfeldes und der privaten Freiflächen,
- Maßnahmen des Klimaschutzes, zur Anpassung an den Klimawandel, zur Verbesserung der grünen Infrastruktur
- Maßnahmen der wassersensiblen Stadt- und Freiraumplanung und zur Reduzierung des
Wärmeinseleffektes, - Maßnahmen der Barrierearmut bzw. -freiheit,
- Beteiligung und Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürger.
Die mit dem Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ vorgenommenen Maßnahmen können damit vor allem zur Reduzierung von bioklimatischen Belastungen und zur Verbesserung der Umweltressource Grün genutzt werden und auf diese Weise die gesundheitsrelevanten Umweltbedingungen optimieren.
Das Förderprogramm „Lebendige Zentren" dient zur Anpassung, Stärkung, Revitalisierung und zum Erhalt von Stadt- und Ortskernen, historischen Altstädten, Stadtteilzentren und Zentren in Ortsteilen. Sie sollen zu attraktiven und identitätsstiftenden Standorten für Wohnen, Arbeiten, Wirtschaft und Kultur entwickelt werden (VV-Städtebauförderung 2021: Art. 6 Abs. 1). Gefördert werden unter anderem Erhalt und Weiterentwicklung des innerstädtischen öffentlichen Raumes (Straßen, Wege, Plätze, Grünräume) sowie Maßnahmen des Klimaschutzes, zur Anpassung an den Klimawandel, zur Verbesserung der grünen Infrastruktur (VV-Städtebauförderung 2021: Art. 4 und 6 Abs. 3). Auch dieses Förderprogramm kann damit zur Verbesserung der gesundheitsrelevanten Umweltbedingungen genutzt werden.
Die Städtebauförderung stellt einen zentralen Baustein für die Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitsrelevanten Umweltbelastungen dar. Sie kann die Finanzierungsbasis der erforderlichen Maßnahmen im Zusammenwirken mit anderen Förderinstrumenten (z.B. EFRE - Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) oder für sich genommen eröffnen oder verbessern. Sie stellt damit auch die Basis für die Anwendung anderer Umsetzungsinstrumente aus dem Bereich des Städtebau- und des Umweltrechtes dar.
Im Programm „Sozialer Zusammenhalt“ wird der Bündelung von Mitteln aus verschiedenen Förderprogrammen und von Mitteln Dritter besondere Bedeutung beigemessen. Hintergrund hierfür ist der Umstand, dass mit Städtebauförderungsmitteln in der Regel lediglich investive Maßnahmen gefördert werden können, vielen Problemlagen in den Gebieten aber nur mit sozial-integrativen Maßnahmen effektiv begegnet werden kann. Für deren Umsetzung bedarf es daher ergänzender Mittel. In besonderem Maße gelingt die im Programm „Sozialer Zusammenhalt“ geforderte Mittelbündelung mit sogenannten Partnerprogrammen, die sich ausdrücklich auf die Förderkulisse des Programms „Sozialer Zusammenhalt“ beziehen. In der Vergangenheit wurden Partnerprogramme zur Finanzierung sozial-integrativer Maßnahmen in den Gebieten der Sozialen Stadt vor allem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten – E & C, Lokales Kapital für soziale Zwecke – LOS, Stärken vor Ort, Jugend stärken im Quartier) und vom für die Soziale Stadt zuständigen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit selbst (ESF-Bundesprogramm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier – BIWAQ) aufgelegt. Ein Partnerprogramm aus dem Bereich Umwelt gab und gibt es bislang jedoch noch nicht.
Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt
Böhme, Christa, Thomas Franke (2012): Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt, in: Gabriele Bolte, Christiane Bunge, Claudia Hornberg, Heike Köckler und Andreas Mielck (Hrsg.): Umweltgerechtigkeit durch Chancengleichheit bei Umwelt und Gesundheit – Konzepte, Datenlage und Handlungsperspektive, Bern, S. 313-323.
BMUB ¬ Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2016): Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt. Gute Praxis an der Schnittstelle von Umwelt, Gesundheit und sozialer Lage
BMUB Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2016): Umweltgerechtigkeit in der Sozialen Stadt. Gute Praxis an der Schnittstelle von Umwelt, Gesundheit und sozialer Lage. Berlin.
VV-Städtebauförderung 2021
VV-Städtebauförderung 2021 – Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2021 über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104b des Grundgesetzes zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2017) vom 18.12.2020/29.03.2021.
Quellen:
Christa Böhme und Arno Bunzel: Umweltgerechtigkeit im städtischen Raum. Expertise „Instrumente zur Erhaltung und Schaffung von Umweltgerechtigkeit“. Difu-Sonderveröffentlichung. Berlin 2014 (S. 78-81). https://difu.de/9304.
Christa Böhme und Thomas Franke: Umweltgerechtigkeit und Städtebauförderung. In: Forum Wohnen und Stadtentwicklung. H. 2 (2021), S. 71-74.