Drei Pilotkommunen – Kassel, Marburg und München – haben über zwei Jahre und wissenschaftlich begleitet durch das Deutsche Institut für Urbanistik im Forschungsvorhaben „Umsetzung einer integrierten Strategie zu Umweltgerechtigkeit – Pilotprojekt in deutschen Kommunen (Zuwender: Umweltbundesamt) erprobt, wie der vergleichsweise neue Ansatz Umweltgerechtigkeit in der kommunalen Praxis umgesetzt werden kann.
Dabei wurde u.a. den Fragen nachgegangen, welche programmatischen, strategischen und instrumentellen Andockpunkte für den Ansatz Umweltgerechtigkeit bestehen, wie mehrfach belastete Teilräume identifiziert werden können, welche Maßnahmen geeignet sind, um mehr Umweltgerechtigkeit zu schaffen, und wie sich der Ansatz Umweltgerechtigkeit in Politik und Verwaltung verankern lässt.
Insgesamt zeigt sich: Es gibt nicht „den einen Weg“, den Ansatz Umweltgerechtigkeit aufzugreifen und in der eigenen Stadt zu implementieren, vielmehr stehen die drei Städte für verschiedene „Modelle“ oder „Typen“ des Umgangs mit Umweltgerechtigkeit.
Stadt Kassel
Typ 1 – „Analyse-, Konzept- und Organisationsansatz/Top-down-orientiert“: Die Stadt Kassel steht für Kommunen, die sich dem Ansatz Umweltgerechtigkeit zunächst durch eine intensive Analyse- und Konzeptarbeit auf gesamtstädtischer Ebene nähern. Hier war und ist es ein wichtiges Ziel, neben der gesamtstädtische Analyse zur Identifizierung mehrfach belasteter Teilräume die Anschlussfähigkeit bzw. die Schnittstellen von Programmen, Konzepten und Planungen, die bereits umgesetzt werden, mit Blick auf Umweltgerechtigkeit zu identifizieren und nutzbar zu machen. Dies basiert in Kassel auf einem ausgeprägten, stark integrativen Organisationsansatz in der Verwaltung. Weitere Konkretisierungen insbesondere auf der Umsetzungsebene von Stadtteilen und/oder Quartieren stehen noch aus und sind Gegenstand der weiteren Beschäftigung mit dem Ansatz Umweltgerechtigkeit.
Universitätsstadt Marburg
Typ 2 – „Umsetzungsansatz/Bottom-up-orientiert“: Ganz anders geht die Stadt Marburg mit Umweltgerechtigkeit um. Hier steht noch immr eine pragmatische Einbettung des neuen Ansatzes in die Umsetzung des Programms Soziale Stadt in zwei benachteiligten Quartieren im Mittelpunkt: Umweltgerechtigkeit wird hier im Verbund mit dem Handlungsfeld Gesundheit Teil der Integrierten Entwicklungskonzepte für die beiden Programmgebiete und damit Grundlage für unmittelbar anstehende Maßnahmen und Projekte in den beiden Quartieren. Die damit verbundenen Organisationsstrukturen unter Einbindung relevanter Akteure innerhalb und außerhalb von Politik und Verwaltung sind im Laufe des Prozesses entstanden und werden zunehmend institutionalisiert.
Landeshauptstadt München
Typ 3 – „Ausweitungsansatz/mittlerer Weg“: In München wird im Vergleich zu Kassel und Marburg ein „mittlerer Weg“ eingeschlagen. Der Ansatz Umweltgerechtigkeit wurde hier bereits seit längerer Zeit und vor Projektbeginn in einem fachbereichsübergreifenden Arbeitsgremium behandelt und von hier aus in Gremien der Politik und Verwaltung transportiert (kontinuierliche „Überzeugungsarbeit“). Auch in Leitbildern, Strategien und Konzepten Münchens finden sich bereits Aspekte von Umweltgerechtigkeit – wenn auch nicht so benannt –, die kontinuierlich weiterentwickelt und in ihrer Bedeutung gestärkt werden (kontinuierliche „inhaltliche Qualifizierung“). Noch konkreter wird Umweltgerechtigkeit derzeit in ein neues räumliches Planungsinstrument der Landeshauptstadt („Handlungsräume“) integriert („Verankerung“).