Mit der Lärmminderungsplanung wird festgelegt, wie (gesundheits)schädliche Auswirkungen von Umgebungslärm (u.a. Lärm durch Straßen-, Eisenbahn-, Flugverkehr) verhindert, ihnen vorgebeugt oder wie sie gemindert werden sollen. Dabei wird das Zusammenwirken aller Umgebungslärmquellen, also die Lärmbelastung insgesamt, betrachtet. Ziel dieser Pläne ist es auch, sogenannte "Ruhige Gebiete" gegen eine Zunahme des Lärms zu schützen. Zudem soll in den Lärmminderungsplänen eingeschätzt werden, wie die Zahl der Personen reduziert werden kann, die sich durch Lärm belästigt fühlen, dadurch unter Schlafstörungen leiden oder anderweitig beeinträchtigt sind. Die Lärmminderungsplanung ist damit ein zentrales Instrument zur Verbesserung der Umweltsituation in lärmbelasteten Gebieten und deswegen auch geeignet, zu mehr Umweltgerechtigkeit beizutragen.
Die Lärmminderungs- und Lärmaktionsplanung ist neben der Luftreinhaltplanung Teil des im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelten gebietsbezogenen Immissionsschutzrechtes. Zudem findet gebietsbezogener Immissionsschutz auch im Rahmen der Bauleitplanung statt. Anders als die Bauleitplanung dienen die Lärmminderungs- sowie die Lärmaktionsplanung primär der Reduzierung vorhandener Lärmbelastungen. Nach derzeitiger Rechtslage bedient sich die Lärmminderungsplanung zweier Instrumente, namentlich der Lärmkarte i.S.v. § 47c BImSchG und des Lärmaktionsplans i.S.v. § 47d BImSchG. Beide Instrumente basieren auf den Vorgaben der Umgebungslärmrichtlinie der EU (RL 2002/49/EG).
Mit der Lärmminderungsplanung soll ein gemeinsames Konzept festgelegt werden, um schädliche Auswirkungen (einschließlich Belästigung) durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern (Art. 1 UmgebungslärmRL). Während die Lärmkarten primär der Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm anhand einer EU-weit geltenden Bewertungsmethode und der Sicherstellung der Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und seine Auswirkungen dienen, sollen in Aktionsplänen auf der Grundlage der Lärmkarten Maßnahmen festgelegt werden, um den Umgebungslärm soweit erforderlich zu verhindern. Dies soll insbesondere in den Fällen gelten, in denen das Ausmaß der Belastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann (Landmann/Rohmer 2011: BImSchG § 47d Rn. 9). Ziel dieser Pläne ist es daneben auch, ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des Lärms zu schützen. Die Beurteilung richtet sich nach der Lärmsituation in ihrer Gesamtheit (Jarass 2012: § 47d Rn. 5). Gegenstand der Lärmminderungsplanung ist das Zusammenwirken aller einzubeziehenden Lärmquellen, also die Lärmbelastung insgesamt (ebenda).
Zudem soll in den Aktionsplänen eingeschätzt werden, wie die Zahl der betroffenen Personen, die sich z.B. belästigt fühlen, unter Schlafstörungen leiden oder anderweitig beeinträchtigt sind, reduziert werden kann.
Aktionspläne mussten bis zum 18. Juli 2013 für sämtliche Ballungsräume sowie für sämtliche Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken aufgestellt werden (Jarass 2012: § 47d Rn. 2). Für Orte in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von über sechs Mio. Kraftfahrzeugen pro Jahr, der Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über 60.000 Zügen pro Jahr und von Großflughäfen sowie für Ballungsräume mit mehr als 250.000 Einwohnerinnen und Einwohnern lief diese Frist schon am 18. Juli 2008 ab. Aktionspläne müssen mindestens alle fünf Jahre nach dem Zeitpunkt ihrer Genehmigung überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet werden (Art. 8 Abs. 5 UmgebungslärmRL). „Ballungsraum" ist ein Gebiet mit einer Einwohnerzahl von über 100.000 und einer Bevölkerungsdichte von mehr als 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer; „Hauptverkehrsstraße" eine Bundesfernstraße, Landesstraße oder auch sonstige grenzüberschreitende Straße, jeweils mit einem Verkehrsaufkommen von über drei Mio. Kraftfahrzeugen pro Jahr; „Haupteisenbahnstrecke" ein Schienenweg von Eisenbahnen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz mit einem Verkehrsaufkommen von über 30.000 Zügen pro Jahr (vgl. § 47b BImSchG).
Welche Maßnahmen in den Plänen festgelegt werden, ist in das Ermessen der zuständigen Behörden gestellt. Das Gesetz verlangt, dass dabei unter Berücksichtigung der Belastung durch mehrere Lärmquellen insbesondere auch auf die Prioritäten eingegangen werden sollte, die sich gegebenenfalls aus der Überschreitung relevanter Grenzwerte oder aufgrund anderer Kriterien ergeben (Hansmann in: Landmann/Rohmer 2011: BImSchG § 47d Rn. 13). Hinsichtlich der Mindestinhalte verweist das deutsche Recht auf Anhang V der Umgebungslärmrichtlinie. Danach müssen Aktionspläne unter anderem Angaben und Unterlagen enthalten zu den Lärmquellen (Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Großflughäfen), zu den geltenden Grenzwerten, zur geschätzten Anzahl von Personen, die Lärm ausgesetzt sind, zur Art der Probleme und verbesserungsbedürftigen Situationen sowie zu den Maßnahmen, die die zuständigen Behörden für die nächsten fünf Jahre geplant haben.
Beispielhaft sind im Anhang V der Umgebungslärmrichtlinie Maßnahmen in allgemeiner Art aufgeführt, die in den Aktionsplänen festgelegt werden können. Hierzu zählen die Verkehrsplanung, die Raumordnung, auf die Geräuschquelle ausgerichtete technische Maßnahmen, die Wahl von Quellen mit geringerer Lärmentwicklung, die Verringerung der Schallübertragung sowie verordnungsrechtliche oder wirtschaftliche Maßnahmen oder Anreize. Die Lärmminderung kann aber auch darüber hinaus jedes denkbare und rechtlich zulässige Mittel nutzen, sofern hierdurch eine Lärmreduzierung erreichbar ist (Jarass 2012: § 47d Rn. 6). In Bezug auf den Straßenverkehr können vor allem Maßnahmen geeignet sein, die zu einer Reduzierung des Verkehrsaufkommens oder zu einer lärmreduzierenden Beeinflussung der Abwicklung des Verkehrs (Geschwindigkeitsbeschränkungen, lärmmindernder Straßenbelag, Reduzierung der Beschleunigungssituationen) beitragen. Aber auch aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen wie die Errichtung von Schallschutzwänden oder der Einbau von Schallschutzfenstern können hier in Betracht kommen. Bewährt hat sich eine gesamtstädtische Betrachtung unter Verzahnung der Lärmminderungsplanung mit der Verkehrsentwicklungsplanung und der Bauleit- bzw. Stadtentwicklungsplanung sowie mit der Luftreinhalteplanung.
Die in Aktionsplänen festgelegten Maßnahmen sind durch die jeweils zuständigen Träger in der öffentlichen Verwaltung umzusetzen. Das bedeutet, dass die tatsächliche, rechtliche und finanzielle Umsetzbarkeit bei der Festlegung der Lärmminderungsmaßnahmen im Aktionsplan geprüft werden muss. Vor allem wird die Finanzierung der festgelegten Maßnahmen häufig ein zentrales Umsetzungshindernis darstellen. Die Maßnahmen sind in jedem Fall budgetrelevant für die jeweils zuständigen Aufgabenträger, also auch für die Kommunen.
Keine strikte Bindung entfalten die Aktionspläne gegenüber der Bauleitplanung und anderen planungsrechtliche Festlegungen. Hier gilt lediglich eine Berücksichtigungspflicht (Jarass 2012: § 47d, Rn. 13 und § 47, Rn. 45 f.).
Die Lärmminderungsplanung zielt auf den Abbau lärmbedingter Beeinträchtigungen im Wohnumfeld und insbesondere solcher Beeinträchtigungen, die sich nachteilig auf die Gesundheit der Bewohnerschaft eines Quartiers auswirken. Sie ist damit ein zentrales Instrument zur Verbesserung der Umweltsituation in lärmbelasteten Gebieten und damit grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von mehr Umweltgerechtigkeit zu leisten.
Die Lärmminderungsplanung kann als Grundlage für die Verbesserung der Lärm verursachten Belastungssituationen genutzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die für notwendig erachteten Maßnahmen des Lärmschutzes auch umgesetzt werden. Die Finanzierung kann sich dabei als entscheidendes Hindernis darstellen. Notwendig ist damit eine angemessene Finanzausstattung für entsprechende Maßnahmen. In Anbetracht der ohnehin schon vielerorts bestehenden Schwierigkeiten der kommunalen Haushalte dürften viele Städte und Gemeinden finanziell überfordert sein, in größerem Maße Aufwendungen für die Verminderung von Lärmbelastungen vorzunehmen. Es bedarf daher entsprechender Förderprogramme, die Anreize setzen können, sinnvolle Maßnahmen umzusetzen und hierfür ergänzend auch eigene kommunale Haushaltsmittel als Eigenanteil aufzubringen.
Wie bereits angesprochen ist eine gesamtstädtische und integrierte Betrachtung sinnvoll, wobei die Lärmminderungsplanung mit der Verkehrsentwicklungsplanung, der Bauleit- bzw. Stadtentwicklungsplanung sowie mit der Luftreinhalteplanung verzahnt wird. So können die Erfordernisse der Lärmminderung an die Lenkung von Verkehrsströmen in Bezug auf verkehrsrechtliche Maßnahmen (z.B. Tempobeschränkungen, Durchfahrverbote) oder in Bezug auf den Umbau von Straßen (z.B. Verkehrsberuhigung, weniger Lärm auslösende Straßenbeläge etc.) nur dann effektiv aufgegriffen werden, wenn eine solche Verzahnung stattfindet. Da Lärmschutz und Luftreinhaltung häufig auf den Straßenverkehr als zentralen Verursacher ausgerichtet sind, ergeben sich hier notwendigerweise ebenfalls gravierende Schnittmengen und Potenziale für Synergien. Lärmminderungs- und Luftreinhalteplanung sollten daher eng koordiniert und auf einander bezogen werden (Engel 2011: 1196).
Die Umweltprüfung bei der Aufstellung von Bauleitplänen oder Fachplänen und die UVP für bestimmte Vorhaben nach Maßgabe des UVP-Gesetzes und der einschlägigen Fachgesetze erfassen und bewerten den Zustand der Umwelt, wozu insbesondere auch der anzutreffende Umgebungslärm gehört. Zudem werden mit diesen Instrumenten auch die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen erfasst und bewertet. Die Ergebnisse einer Umweltprüfung oder einer UVP können damit für eine effektive Lärmminderungsplanung genutzt werden, genauso wie die Lärmminderungsplanung der Umweltprüfung oder UVP zugrunde gelegt werden kann (hierzu Scheidler 2005).
Schließlich kann die Lärmminderungsplanung auch Auswirkungen auf den Gegenstand der Freiraum- und Landschaftsplanung haben. So kann die Nutzbarkeit öffentlicher Parks oder öffentlicher Plätze durch Maßnahmen des Lärmschutzes erhöht werden.
Aktuelle Fragen des Lärmschutzes: Lärmaktionsplanung
Engel, Rüdiger (2011): Aktuelle Fragen des Lärmschutzes: Lärmaktionsplanung, in: NVwZ – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, S. 1191 ff.
Baugesetzbuch. Loseblattkommentar
Ernst, Werner, Willy Zinkahn, Walter Bielenberg, Michael Krautzberger (2013): Baugesetzbuch. Loseblattkommentar, Stand April 2013, 107. Ergänzungslieferung.
Bundes-Immissionsschutzgesetz: BImSchG
Jarass, Hans (2012): Bundes-Immissionsschutzgesetz: BImSchG. Kommentar, 9. Auflage, München.
Umweltrecht
Landmann, Robert von, Gustav Rohmer (2012): Umweltrecht, 66. Ergänzungslieferung, Stand 2012.
Strategische Umweltprüfung für Lärmaktionspläne
Scheidler, Alfred (2005): Strategische Umweltprüfung für Lärmaktionspläne, in: Natur und Recht, S. 628 ff.
Quelle: Redaktionell überarbeiteter Auszug aus: Christa Böhme und Arno Bunzel: Umweltgerechtigkeit im städtischen Raum. Expertise „Instrumente zur Erhaltung und Schaffung von Umweltgerechtigkeit“. Difu-Sonderveröffentlichung. Berlin 2014 (S. 39-43)
https://difu.de/publikationen/2014/umweltgerechtigkeit-im-staedtischen-raum-expertise.html.